Ein sehr subjektiver Bericht ueber die Ereignisse des 26. Dezember 2004 in Thailand
von Andreas Rydzewski
Es ist der 28. Dezember, um die Mittagszeit, ich sitze im Garten des Hotels „Paradise Beach Resort" auf der Insel Koh Samui und ich muss immer wieder weinen, vor Glueck, dass Angela und ich leben, aber auch weil die schrecklichen Bilder von Tod und Chaos mich unendlich traurig machen. Die letzten 50 Stunden habe ich funktioniert und reagiert, immer abwegend, um die beste Loesung fuer uns zu finden. Jetzt, da wir eine sichere Unterkunft haben und ich medizinisch gut versorgt bin, faellt alle Last von mir und das Geschehene geht mir immer wieder durch den Kopf. Es begann am 26. Dezember morgens um 6:30 Uhr mit dem Aufstehen. Wir waren am Vortag nach einem kurzen Flug von Samui auf die Insel Phuket geflogen und eine Stunde mit dem Taxi Richtung Norden auf das Festland nach Khao Lak in die Provinz Phang Nga gefahren. Wir hatten ein schoenes Zimmer im Hotel „Merlin Resort" an einem paradiesischen Strand gebucht. An diesem Morgen wollten wir auf dem nahe gelegenen Golfplatz „Tublamu Navy Golf Course" eine Runde Golf spielen. Fruestueck auf der Terrasse des Hotels schon um 7:00 Uhr frueh; es sollte ein warmer windstiller Tag werden. Um 8:00 Uhr wurden wir vom Golf Club Personal abgeholt und die Vorfreude auf eine schoene Golfrunde war gross. Der Golfplatz liegt auf einem Militaergelaende und wird auch von Marinesoldaten betrieben, was fuer deutsche Verhaeltnisse unvorstellbar, aber in Thailand nicht so ungewoehnlich ist. Entsprechend ist das riesige Areal von einer 2 – 3 Meter hohen Mauer umgeben, was sich spaeter noch als sehr entscheidend darstellen wird. Von besonderem Reiz sollten die Golfbahnen direkt am Strand werden, die ich bereits am Anreisetag auf einem Strandspaziergang vom Hotel aus erkundet hatte. Der Check In im Clubhaus verlief reibungslos und wir konnten unseren Rucksack mit Badeutensilien dort gut deponieren, da wir nach der Golfrunde noch den kilometerlangen Strand erwandern wollten. Uns wurden zwei junge maennliche etwa 16 jaehrige Caddys zugeteilt. Normalerweise sind Caddys in Thailand weiblich, aber wahrscheinlich auf Grund der Militaerbasis hier nicht. Der Golfplatz ist flach, mit viel Wasser und schoen angelegt. Die Caddies gingen mit uns direkt zum dritten Abschlag, da an der ersten Bahn eine Gruppe von 4 Golfern abschlug und wir somit nicht warten mussten. Wir haetten dann eben nicht auf der 18. Bahn unsere Runde beendet, sondern auf der 2. Bahn. Diese etwas ungewoehnliche aber eigentlich clevere Entscheidung sollte fuer unser Leben noch entscheidend werden. Um 8:20 Uhr begannen wir beide unsere Runde mit eher durchschnittlicher Leistung. Es wurde zunehmend erwartungsgemaess immer heisser, so dass Angela den Regenschirm als Sonnenschirm umfunktionierte und ihr Caddy alle Haende voll zu tun hatte, abwechselnd den Schirm zu halten wenn sie schlug. Die Runde verlief zuegig ohne irgendwelche Wartezeiten, bis wir auf der 9. Bahn auf eine vor uns spielende Gruppe aufliefen und wir zum ersten Mal warten mussten. Gluecklicherweise machten diese Spieler nach der 9. Bahn am sogenannten „half way house" eine Pause, so dass wir „durchspielen" konnten. Die 10. Bahn verlief recht nahe am Meer mit einer herrlichen Aussicht auf das ruhige tuerkiesfarbene Wasser und den weissen Strand mit grossen Kokospalmen. Die 11. Bahn verlief in Verlaengerung der 10. und unser Spiel wurde immer besser, was mich mit mir und mit der Welt zufrieden machte. Die 12. Bahn, ein Par 5 von 450 Meter Laenge, bog dann 90 Grad weg vom Meer Richtung Landesinnere mit herrlichem Ausblick auf die fernen Berge. Am Ende dieser Bahn, ein Kreuzungspunkt von drei Bahnen, befindet sich ein Kiosk fuer eine kurze Rast, an der wir uns mit Getraenken versorgten und im Schatten etwas ausruhten. Unsere Caddies sassen bereits am 13. Abschlag mit unseren Golftaschen und warteten auf uns. Wir blickten auf den uns nachfolgenden Flight, der sich etwa auf der Mitte der 12. Bahn befand, als ploetzlich in dieser Spielgruppe eine Unruhe aufkam und wildes Geschrei von weitem zu hoeren war. Unsere Caddies sprangen auf und rannten gestikulierend auf uns zu. Wir verstanden zunaechst ueberhaupt nichts, vernahmen dann ein tiefes Brummen und die Voegel um uns herum zwitscherten wie verrueckt. Und dann sahen wir es. Am Beginn der 12. Bahn, also 450 Meter von uns entfernt, rollte eine dunkelgraue meterhohe Wasserwalze heran. Unglaeubig starrte ich fuer Sekunden in Richtung dieses unfassbaren Phaenomens. Mein erster Gedanke war, das Wasser wird den Golfplatz ruinieren und koennen wir ueberhaupt weiterspielen ? Sehr schnell realisierte ich dann die Gefahr und mein Gehirn meldete hoechste Alarmstufe, zumal in diesen Sekunden die bedrohliche Wand sich schnell auf uns zubewegte. Die Kioskbetreiberin schrie laut und nahm noch ihr Geld aus der Kasse, die Caddies hatten uns erreicht und riefen nur „run, run, run" und zeigten auf einen Weg, schraeg weg von der anrollenden Flutwelle. Wir rannten also los, idiotischerweise die Getraenke in der Hand und Angela hielt noch ihren geliebten aber geschlossenen Schirm und die Caddies zogen noch dienstbefliessen unsere Golftaschen auf den Trolleys hinter sich her. Der Weg fuehrte uns nach vielleicht 150 Metern hinter einen halbleeren See, der etwa 100 Meter Durchmesser hat. Als ich diesen See zwischen uns und der anrollenden See wusste, fuehlte ich eine gewisse Sicherheit. Wir hatten bereits einige nicht so sportliche Golfer von den nahen Bahnen 6 und 7 ueberholt und ich dachte, dass wir bald die Strasse Richtung Ausfahrt erreichen muessten. Links und rechts des Weges gab es lichtes Gestruepp mit Baeumen und Palmen, so dass wir immer Blickkontakt zur Flutwelle hatten. Und jetzt geschah das fuer mich unfassbare. Als das Wasser sich in den See ergoss, fuellte sich dieser in sekundenschnelle und es schien, als wuerde die Welle diesen See buchstaeblich ueberrollen. Ich schrie auf Angela ein, schneller zu laufen, aber die Kraft lies bei uns beiden zunehmend nach. Ploetzlich kamen uns Golfer entgegen gelaufen und riefen nur „on the trees". Vielleicht 100 Meter entfernt kam uns das Wasser jetzt entgegen, womit dieser Weg abgeschnitten war. Das war der Moment in der sofort die richtige Entscheidung zu treffen war. Entweder auf einen Baum oder weiterlaufen, weg von der Gefahr. Die Baeume waren vielleicht 5 bis 7 Meter hoch, aber relativ duenn, vielleicht 15 cm Durchmesser, die Palmen ohne Aeste fuer uns nicht zu erklettern. Aus den Augenwinkeln sah ich die panischen Versuche der Menschen, die Baeume hoch zu klettern, aber die duennen Aeste brachen teilweise unter ihrer Last. Die Verzweiflung stieg in mir auf und ich entschied weiterzulaufen so weit es irgendwie geht. Ich schrie auf Angela ein, dass wir weg von der Gefahr durch die Buesche laufen muessen und sie endlich den Schirm wegwerfen sollte. Die Straeucher schlugen uns ins Gesicht und die Wasserwalze war mittlerweile ohrenbetaeubend laut und das Krachen der brechenden Baeume hinter uns mobilisierte uebermenschliche Kraefte. Nach etwa 30 Meter stiessen wir auf eine 1,80 hohe Mauer. Ich kann die Hoehe heute deshalb recht genau einschaetzen, da ich mich nur ganz leicht hoch ziehen musste um ueber sie zu sehen. Dahinter war eine Art Hof mit einer Holzbaracke. Angela war ca 10 Meter hinter mir. Ich zog mich auf die Mauer und kniete bereits oben, als Angela die Mauer erreichte. Die Welle war vielleicht 20 – 30 Meter hinter uns immer noch 1 – 2 Meter hoch. Ich reichte Angela die Hand und zog sie mit aller Kraft nach oben. Ihre Schreie „ich schaffe es nicht, ich schaffe es nicht" raubten mir fast den Verstand, und die Angst, dass sie aufgeben koennte, liessen mich schier verzweifeln. Irgendwie war sie dann doch oben und wir sprangen auf der anderen Seite runter. Fuer ein oder zwei Sekunden fuehlte ich etwas Erleichterung bis mit einem fuerchterlichen Krachen die massive Mauer hinter uns zusammenbrach und die Flutwelle durchbrach. Jetzt ging es ums nackte Ueberleben. Vor uns, etwa 30 Meter entfernt war eine weitere Mauer, hoeher und mit drei Stacheldrahtreihen gekroent. Wir liefen auf sie zu und direkt vor uns war eine Stelle an der ein Sandhaufen vor der Mauer das eigentlich unueberwindbare Hindernis deutlich niedriger machte. Diesmal hiefte ich Angela mit der Kraft, die man wahrscheinlich nur in der Todesangst entwickelt, zuerst auf die Mauer. Mit meinen letzten Kraeften schaffte ich es irgendwie auch auf die Mauerkrone, aber dann funktionierte meine Feinmotorik nicht mehr und ich fiel in den Stacheldraht und ich riss mir an Armen und Bauch den Koerper auf. Auf der anderen Seite der Mauer waren es ca. 2,5 Meter bis zur Erde und Angela schrie nur „ich kann nicht springen" und ich schrie sie nur an „spring, spring, spring". Und sie sprang.... Der Stacheldraht bohrte sich tief in mein Fleisch, aber ich konnte mich befreien und landete auf der andere Seite im Graben. Vor uns eine befestigte Strasse, es war die Zufahrt zum Militaergelaende. Wir hatten die Aussenmauer des Areals ueberklettert und befanden uns jetzt – wie wir am naechsten Tag rekonstruierten – ca. 2 km vom Meer entfernt. Jetzt kam das Wasser bereits von rechts die Strasse entlang. Es hatte sich wahrscheinlich schneller durch die Ausfahrt des Gelaendes einen Weg gebahnt oder an einer anderen Stelle diese zweite Mauer schon ueberwunden. Also liefen wir nach links Richtung Kuestenstrasse, als uns ein anscheinend ahnungsloser Mopedfahrer entgegen kam. Jetzt ging alles sehr schnell. Der Mopedfahrer bremste und erkannte wohl die Gefahr. Wir sprangen beide auf das Moped, er drehte und fuhr so schnell es ging vor der Wasserwalze weg. Nach 2 km erreichten wir die belebte Hauptstrasse mit vielen kleinen Geschaeften und Restaurants. Wir waren erst einmal in Sicherheit, da diese nun erreichte Stelle bestimmt 10 Meter hoeher lag. Als wir am naechsten Tag diese mit dem Moped gefahrene Strasse besichtigten, gefror uns fast das Blut in den Adern. Die Welle hatte diese 2. Mauer auf mehreren Kilometern niedergedrueckt und Dutzende von Autos, die diese Strasse in diesem Moment befuhren, wie Spielzeugautos noch bis zu 100 Meter in den der Strasse angrenzenden Wald geschleudert. Wir haben Autos 2 Meter hoch total zerstoert auf den Baeumen gesehen. Aus diesen Autos kam niemand mehr lebend heraus. Als uns der Mopedfahrer an der Hauptstrasse ablud war mir klar, dass ich dringend einen Arzt brauchte, da der rostige Stacheldraht boese Wunden gerissen hatte und ich auch recht stark blutete. Mittlerweile versammelte sich eine betraechtliche Gruppe um uns und palaverte wild durcheinander. Mein Anblick war wohl selbsterklaerend, so dass unsere Frage nach einem „Doctor" schnell verstanden wurde. Ein anderer Mopedfahrer draengte uns bei ihm aufzusteigen und zu Dritt brausten wir los. Von der Flutwelle hatte man hier noch nichts bemerkt. Der hilfsbereite Mopedfahrer wusste scheinbar nicht wo medizinische Hilfe zu finden war, da er unsicher hin und her fuhr. Nach 5 Minuten hielt er neben einem Sammeltaxi, ein Pick up mit offener Ladeflaeche und zwei laengs eingebauten Sitzreihen, und redete auf den Fahrer ein. Der verstand anscheinend um was es ging und machte uns klar, dass wir aufsteigen sollten. Die Fahrt dauerte ca 2 Minuten, bis er an einer Art „Erste Hilfe Posten" anhielt, wobei es sich um ein Art Kiosk mit ein paar gaengigen Medikamenten und etwas Verbandsmaterial handelte. Ausserdem stand dort ein alte vergammelte, mit blauem Plastik ueberzogene Pritsche. In meiner Naivitaet dachte ich, dass man mich nun adaequat behandeln koennte und mir auch notwendige Spritzen geben wuerde, die ich meinte dringend zu brauchen, wegen Blutvergiftung und Wundstarkrampf sowie sonstiger boesartiger Infektionen, da meine letzte Tetanus Impfung rd. 12 Jahre zurueck liegt. Angela redete auf die sehr liebenswuerdige Frau des „Erste Hilfe Posten" ein und versuchte mit Haenden und Fuessen zu erklaeren was passiert war. Mittlerweile schauten mehrere neugierige Thais in diesen kleinen Raum, aber leider verstand niemand ein Wort Englisch. Ich legte mich also erst einmal auf diese Pritsche und die Frau begann nun mit Watte und einer Jodtinktur meine Wunden zu desinfizieren, waehrend Angela versuchte mit dem Handy dieser „Krankenschwester" unser Hotel anzurufen um in Englisch zu erklaren, dass ich unbedingt eine Spritze wegen des rostigen Zaunes braeuchte. Wenn die Verbindung geklappt haette, war die Idee, dass die Rezeptionistin in Thai unser Problem dieser Frau haette mitteilen koennen. Aber die Verbindung klappte natuerlich nicht. Uns wurde dann schnell bewusst, dass es in diesem Posten weder entsprechende Spritzen noch Antibiotika gab. Jetzt schaute auch der Taxifahrer nach mir, der sehr besorgt war und ebenfalls wild mitdiskutierte. Nachdem die Wunden desinfiziert waren, kamen alle zu der gleichen Meinung, dass nun nur ein Hospital mir weiterhelfen koennte. Man bugsierte mich also wieder auf die Pritsche des Kleinlasters und machte uns verstaendlich, dass man mich jetzt in ein Krankenhaus in die naechste Stadt namens „Thai Muang" bringen wuerde. Angela bezahlte noch umgerechnet 3 Euro fuer die Behandlung. Da die Thais aber neben einer ausgesprochenen Freundlichkeit auch ueber einen gesunden Geschaeftssinn verfuegen, wurden noch zwei weitere Fahrgaeste aufgeladen und die Reise ging los. Waehrend der 20 minutigen Fahrt, wurde mir zum ersten Mal richtig klar, dass wir um wenige Sekunden am Tod vorbeigeschrammt waren und dass die Golfspieler hinter uns kaum ueberlebt haben konnten. Wir bezahlten einen ueberhoehten Preis an den Taxifahrer und stiegen vor dem Hospital aus. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Man muss sich dieses Krankenhaus wir folgt vorstellen. Ein eingeschossiger Bau, vorne und hinten offen mit einem vielleicht 20 x 20 Meter grossen Raum, der ebenfalls zu einer Seite offen war. Als wir das Gebaeude betraten, stockte uns der Atem. Ueberall standen, sassen und lagen wimmernde und schreiende teilweise blutueberstroemte und mit klaffenden Wunden gezeichnete Menschen. Einige standen unter Schock mit schneeweisser Haut und ausdruckslosem Blick, andere jammerten nach ihren Familienangehoerigen. Es waren vielleicht 50 Verletzte um die sich die Krankenschwestern kuemmerten und es herrschte ein einziges Chaos ohne irgendeine erkennbare Organisation. Nach etlichen Minuten gelang es uns endlich eine der Krankenschwestern anzusprechen und ihr meine Wunden zu zeigen. Sie gab uns eine Flasche Jod und erklaerte, dass wir uns selbst helfen muessten. Auf die Frage nach einem Arzt sagte man uns in gebrochenem Englisch, dass keiner da waere, man aber alsbald mit Aerzten rechnen wuerde. Mittlerweile kamen in Abstaenden von 30 Sekunden Autos und Lastwagen vorgefahren, die immer mehr, teilweise sehr schwer verletzte Menschen brachten. Es waren keine Krankenwagen, sondern ausschliesslich private Fahrzeuge, die diese armen Kreaturen abluden. Zwischen den Verletzten die vor dem Gelaende ausgeladen wurden, befanden sich auch Tote, die dann erst mit irgendwelchen Tuechern zugedeckt wurden. Neben uns sass ein aelterer deutscher Mann, der verzweifelt weinte und mit den Armen seine tote Frau hielt. Dann kam ein kleiner LKW mit weiteren Verletzten und zwei toten kleinen Kindern. In einer halber Stunde fuellte sich der Hof und der Vorgarten mit mehr als 200 Verletzten und Toten; von einem Arzt war weit und breit immer noch nichts zu sehen. Uns wurde bewusst, dass wir hier keine Hilfe zu erwarten hatten, zumal meine leichten Verletzungen im Vergleich zu dem was wir hier sahen, uns kein Recht auf eine Behandlung einraeumen konnte. Ueberall wurden zwischen den leicht Verletzten Informationen ueber das Geschehen ausgetauscht und allmaehlich wurde uns das Ausmass der Katastrophe klarer. Jeder der ankam und ansprechbar war, wurde gefragt, wo und wie er die Katastrophe erlebt hatte. Menschen erzaehlten die unglaublichsten Geschichten wie sie das Inferno ueberlebt hatten. Viele teilten uns mit, dass vor der Flutwelle ploetzlich das Meer mehrere 100 Meter verschwand und die Fische auf dem Trockenen zappelten und dann, nach Minuten eine bis zu 10 Meter hohe Flutwelle in rasendem Tempo auf den Strand auftraf. Kinder haetten noch versucht die Fische zum entfernten Meer zurueck zu bringen. Andere erzaehlten wie sie hunderte von Metern von der Welle auf das Land geschleudert und minutenlang unter Wasser gedrueckt wurden. Man muss sich vorstellen, dass die Wassermassen hohe Baeume, Truemmer, Felsbrocken und sonstiges mit sich fuehrten und daher die grauenhaffen Verletzungen resultierten. Nach rd. einer Stunde entschieden wir uns diesen Ort zu verlassen, da hier keine Hilfe zu erwarten war und der Anblick der angelieferten Menschen unertraeglich wurde. Muetter weinten um ihre verschwundenen Kinder und Kinder um ihre Eltern. Aerzte waren immer noch nicht da, aber viele unverletzte Thailaender aus der naeheren Umgebung halfen und versuchten erste Hilfe zu leisten. Der Zustrom von eingelieferten Verletzten nahm weiter zu, wobei es sich ueberwiegend um Auslaender handelte. Wir standen an der Strasse und ueberlegten, ob wir versuchen sollten mit einem Taxi nach Phuket zu fahren, da wir dort ein groesseres und funktionierendes Krankenhaus erwarteten. In diesem Moment hielt neben uns ein Thailaender, der gerade Verletzte abgeliefert hatte und fragte uns, ob er uns helfen koennte. Wir fragten ihn, ob er uns nach Phuket in ein Krankenhaus bringen koennte, worauf er uns in bruchstueckhaftem Englisch erklaerte, dass er aus dem Autoradio gehoert hatte, dass die Situation in Phuket genau so schlimm sei und es keinen Sinn machen wuerde, dorthin zu fahren. Wir ueberlegten kurz und entschieden dann erst einmal zu unserem Hotel zu fahren. Der Thailaender, sein Name war Somporn, sagte uns, dass unser Hotel auf dem Weg laege, dieses aber auch zerstoert waere. Wir koennten aber mit ihm fahren und erst einmal in seinem kleinen Hotelresort bleiben; dort waeren wir sicher, da dies auf einem Berg ueber dem Meer laege. Kurz entschlossen fuhren wir mit und waren ueber die Hilfsbereitschaft sehr froh. Wir fuhren also wieder die Kuestenstrasse, die zwischen 500 Metern und 5 km paralell zum Meer verlaeuft, nach Norden zurueck und sahen dann zum ersten Mal das Ausmass der Zerstoerung. Immer dann wenn die Strasse naeher als rd 1 km von der Kueste entfernt und nicht erhoeht verlief, versperrten Baeume, Straeucher, Truemmer und Autowracks unseren Weg und es war teilweise schwer durchzukommen. Auf der Hoehe unseres Hotels verlaeuft die Strasse rund 600 Meter entfernt vom Meer und die Zufahrtstrasse war meterhoch verschuettert; hier wuerde es kein Durchkommen zu unserem Hotel geben. Eine weibliche Leiche lag mitten auf der Strasse. Das Wasser muss auch hier noch so eine Wucht gehabt haben, dass Autos noch 100 Meter weit von der Strasse geschleudert wurden. Ich konnte durch die spaerlich stehen gebliebenen Baeume unseren Hoteleingang sehen, der sich an einem Hang befand. Da dieser nicht beschaedigt schien, war ich ziemlich sicher, dass unser Hotelzimmer, das noch etwas hoeher lag, noch existieren wuerde. Aber auch ein Durchkommen zu Fuss war unmoeglich, da Haustruemmer, Schlamm und umgestuerzte Baeume die Strecke von der Kuestenstrasse bis zum Hotel meterhoch bedeckten. Neben unserem Hotel befand sich eine Bungalowanlage mit einem Strandrestaurant in dem wir am Vortag noch gegessen hatten. Von dieser Anlage war nichts mehr zu sehen! Wir fuhren also noch rd. 3 km weiter die Strasse nach Norden und erreichten die Anlage „Khao Lak Nature Resort" die sich rd 50 Meter ueber dem Meerespiegel befand. Unser Fahrer, der der Eigentuemer dieser einfachen, aber sehr schoen gelegenen Anlage war, erklaerte mir, dass er mich in ein groesseres Krankenhaus ca 40 km in das Landesinnere bringen wollte, da dort sicherlich medizinische Hilfe leichter zu bekommen waere. In das „Nature Resort" hatten sich mehrere Verletzte gerettet, da die Anlage auf Grund der Lage Sicherheit versprach. Das Auto wurde also mit weiteren Verletzen voll gepackt und die Fahrt ging los. Angela, die von allen Insassen die leichsten Verletzungen mit Rissen und Abschuerfungen an den Beinen hatte, musste im Gepaeckabteil des Kombis Platz nehmen. Nach rund 40 Minuten kamen wir in Phan Nga im Krankenhaus an, als wir schon an der Zufahrt aussteigen mussten, da kein Durchkommen wegen der vielen ankommenden Fahrzeuge mit Verletzten moeglich war. Es schien hier eine bessere Organisation zu geben, denn bereits vor dem Eingang wurde jedem Verletzten eine Karte um das Handgelenk gebunden, auf dem eine Krankenschwester eine fortlaufenden Nummer notierte und man ankreuzen konnte, ob man tot, schwerverletzt, leichtverletzt und ob man gehen konnte. Namen und Nationalitaet sollte man dann selbst eintragen. Diese Karten waren wahrscheinlich fuer einen Katastrophenfall vorgesehen und ermoeglichten wenigstens eine Erfassung der eingehenden Faelle. Unser Fahrer fuhr wieder weg um weitere Verletzte zu transportieren und wir verabredeten, dass er um 15:30 Uhr zurueck sein sollte. Auch in diesem Krankenhaus gab es einen riesigen Behandlungssaal in dem gleichzeitig mindestens 50 Menschen behandelt wurden, und da die Tueren weit offen waren, bekam man alles mit. Da ich wie viele andere noch lange nicht an der Reihe war, hatten wir vor dem Krankenhaus viele Gespraeche und erfuhren erschuetternde Schicksale. Jemand kam auf die Idee eine Namensliste mit den hier eingetroffenen Auslaendern nach Laendern sortiert aufzustellen, um diese dann spaeter an die jeweiligen Botschaften weiterzuleiten. Nach anfaenglichem Optimismus hier behandelt zu werden, schwand die Hoffnung aber zunehmend, da minuetlich Schwerverletzte angeliefert gebracht wurden, die selbstverstaendlich Vorrang hatten, so dass sich die Anzahl der Menschen, die vor mir behandelt werden wuerden, staendig zunahm. Angela versuchte dann in der naeheren Umgebung eine Apotheke zu finden um evtl. Spritzen und entsprechende Medikamente zu kaufen. Dieser Versuch war aber erfolglos, da diese Mittel auskunftsgemaess nur im Krankenhaus vorraetig waren. Eine hilfsbereite Thailaenderin fuhr Angela mit ihrem Moped zu einer Apotheke, und als nicht geuebte Mopedbeifahrerin verbrannte sich Angela dabei noch am Auspuff die Wade und kam mit einer Brandblase zurueck. Unser Fahrer Somporn war vor der Zeit zurueck und half sofort bei der Betreuung der Verletzten. Es wurden viele Menschen im Schockzustand angeliefert, deren Koerper teilweise uebersaeht von Schnittwunden waren. Nach Analyse der Lage wurde uns schnell klar, dass wir hier in den naechsten 24 Stunden keine Hilfe erwarten konnten und beschlossen mit Somporn in sein Resort zurueckzufahren. Jetzt galt es jemand in der Heimat zu benachrichtigen, dass wir leben und soweit wohl auf waren. Da mein Handy im Merlin Hotel im Safe lag, bot uns Somporn sein Mobiltelefon an, und nach mehreren Versuchen erreichten wir tatsaechlich meine Mutter. Die Leitung brach immer wieder zusammen, aber wir sagten noch, dass sie unbedingt Angelas Familie unterrichten sollte. Somporn, den nur der Himmel geschickt haben konnte, kaufte auf dem Weg noch fuer uns etwas zu essen ein und wir beluden das Auto noch mit Lebensmitteln und Kerzen, da an der Kueste die Wasser- und Stromversorgung nicht mehr funktionierte. Wir machten noch einen Umweg zu dem ersten Hospital in Thai Muang um evtl. Verletzte wieder zurueck zu seinem Hotel mitzunehmen. Vor diesem Krankenhaus lagen jetzt Hunderte von Verletzten und etwas abseits sahen wir Dutzende Leichen, die dort wohl zur Identifizierung aufgebahrt waren. Wir wissen nicht wie Somporn es schaffte eine grosse Kiste mit Jod und Verbandszeug aus dem Krankenhaus zu organisieren, aber dies sollte spaeter noch sehr hilfreich sein. Wir fuhren also zu Dritt zurueck zum „Nature Resort" und auf dem Weg deckte Somporn noch einen toten Koerper am Strassenrand mit einer Decke zu und wir waren gegen 16:30 Uhr zurueck. Mittlerweile hatten sich immer mehr obdachlose Touristen hier eingefunden und Somporns Frau und Sohn hatten fuer alle mit Hilfe eines Gasherdes Omelette, Huehnchen und Reis gekocht. Nachdem meine Wunden mit dem Jod und Verbandsmaterial behandelt waren, wurde gegessen und Informationen ausgetauscht. In so einer Situation sind Informationen wichtig um fuer sich selbst die richtige Entscheidung zu treffen, wobei es sich allerdings als schwierig erwies zwischen Tatsachen und Geruechten zu unterscheiden. So erzaehlte jemand z.B. dass die Bruecke zur Insel Phuket und damit auch zum Flughafen zerstoert waere, was sich spaeter als nicht richtig erwies. Nachdem wir uns gestaerkt hatten, wollten wir unbedingt zu unserem Hotel vordringen, da dort all unser Hab und Gut war. Insbesondere wussten wir, dass Paesse, Geld, Kreditkarten und Mobiltelefon fuer das weitere Fortkommen essentiell sein wuerden. Da wir alleine zu Fuss aber keine Chance hatten das Hotel zu erreichen, baten wir unseren Gastgeber ein weiteres Mal um Hilfe. Er zoegerte keine Sekunde und wir fuhren sofort mit ihm los. Er kannte einen Feldweg, der von der Kuestenstrasse ueber eine Anhoehe zum Hotelgelaende fuehrte und permanent hoeher als das Hotel lag, so dass hier das Wasser nicht hingekommen war. Wie ich schon vermutet hatte, war der obere Teil des Hotels nicht betroffen und wir betraten das verlassene Hotel. Ueberall sahen wir Blut und Spuren von hektischem Aufbruch. Nur der Hoteleigentuemer mit zwei Helfern waren zu sehen, die einen kleinen Lastwagen mit Lebensmitteln beluden und zutiefst niedergeschlagen waren. Er erzaehlte uns, dass die Bungallows des Hotels in Strandnaehe vollstaendig zerstoert und Hotelgaeste umgekommen waren. Alle Gaeste waren evakuiert worden und hielten sich jetzt hoeher gelegen bei den Haeusern der Angestellten des Hotels auf. Er erlaubte uns kurz in unser Zimmer zu gehen und das Notwendigste zu holen. Unsere Erleichterung war unbeschreiblich, als wir unser Zimmer unversehrt vorfanden und aus unserem Zimmersafe Dokumente und Geld sichern konnten. Wir packten noch ein Paar Kleidungsstuecke zusammen und verliessen das Hotel. Im „Nature Resort" fanden sich immer mehr „Gestrandete" ein, die alles verloren hatten, da der Tsunami von vielen Haeusern nichts mehr uebrig gelassen hatte. Wir belegten eine leere Huette und sassen in der Dunkelheit bei Kerzenschein mit einem Schweizer Paar zusammen und assen Kekse die von irgendwoher organisiert waren. Leider hoerten meine Wunden nicht auf zu bluten, so dass der Verband durchgeblutet war. Ich suchte also mit unserem Huettennachbar das Zentrum der Anlage auf, wo sich mittlerweile Dutzende von Menschen auf dem Boden des Restaurants ihre Schlafstaette zubereitet hatten. Als wir bei Kerzenschein meinen Verband wechselten, bekamen wir unerwartet Hilfe von einer jungen deutschen Krankenschwester, die den Verband doch erheblich professioneller anlegte. Und jetzt trat wieder einmal mein Schutzengel in Erscheinung, denn diese Krankenschwester hatte in ihrem Gepaeck noch eine Schachtel mit Antibiotika, die sie mir ohne zoegern ueberliess. Dies wuerde mich erst einmal schuetzen und die Anspannung fiel etwas von mir ab. Wir hatten Glueck, dass wir eine Huette fuer uns alleine hatten und versuchten in der Nacht etwas auszuruhen. An Schlaf war kaum zu denken, da die grauenhaften im Gehirn eingebrannten Bilder des Tages mir keine Ruhe liessen und ich versuchte den naechsten Tag zu planen. Klar war, wir mussten hier so schnell wie moeglich weg, denn die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln koennte knapp werden und ein Arzt war hier kaum zu bekommen. Ausserdem wuerde die Seuchengefahr zunehmend groesser, da die Bergung der Toten noch immer nicht organisiert durchgefuehrt wurde. Da auch das Mobiltelefonnetz zusammengebrochen war, konnten wir also nur persoenlich die Situation klaeren. Mit dem ersten Morgenlicht erhoben wir uns und Angela checkte die Lage am Eingang des Resorts. Sie kam zurueck und berichtete, dass dort ein Lieferwagen staende, der zum Flughafen nach Phuket faehrt; die Bruecke sei wieder befahrbar. Wir entschieden sofort mitzufahren um die Lage am Flughafen zu klaeren. Dort angekommen, machte sich erst einmal Ernuechterung bei uns breit, da die Abflughalle zum bersten voll war und vor den Ticketschaltern Trauben von Menschen standen. An einem Counter erfuhren wir, dass alle Fluege nach Bangkok voll waren und die erwarteten Sonderfluege erst einmal fuer Personen reserviert waren, die alles verloren hatten und / oder schwerverletzt waren. Da wir in der ersten Woche auf Samui eine hervorragende Infrastruktur vorgefunden hatten und wir uns auch an ein sehr ordentlich aussehendes Krankenhaus erinnerten, beschlossen wir dorthin einen Flug zu buchen. Leider schlug auch dieser Versuch fehl, da man die Flugzeuge fuer Sonderfluege nach Bangkok brauchte und die zwei verbliebenden Fluege nach Samui fuer die naechsten zwei Tage voll waren und die Warteliste schon lang war. Also war die naechste Idee ein Auto zu mieten und uns die 1.000 km nach Bangkok auf der Strasse durchzuschlagen. Die Vermietsstationen befinden sich ca. 500 Meter vom Flughafen entfernt und wir klapperten dort die Stationen ab. Budget und National hatten kein Autos mehr vorraetig, Hertz vermietete nur Autos fuer Phuket und eine Rueckgabe an einem anderen Ort war ausgeschlossen. Man hatte aber noch einen zweisitzigen Jeep mit Ladeflaeche, den koennten wir auch ausserhalb von Phuket abgeben. Wir lehnten erst einmal dankend ab, da wir eine Fahrt ueber 1.000 km mit einem solchen Auto fuer unzumutbar hielten. Wir ueberlegten hin und her was wir machen sollten, als wir ploetzlich vor einer Landkarte Thailands standen, die im Buero einer Vermietsstation aushing. Ich hatte schon vorher zu Angela gesagt, dass die Stadt Surat Thani an der Ostkueste nicht sehr weit waere und es dort sicher eine ordentliche Infrastruktur gaebe, und ausserdem hatte ich gelesen, dass von dort Autofaehren nach Samui abgehen wuerden. Da das Seebeben im Indischen Ozean ausgebrochen und damit die Westkueste Thailands betroffen war, waren wir sicher, dass es an der Ostkueste keine Auswirkungen dieser Katastrophe geben wuerde. Wir kalkulierten rd. 250 km bis Surat Thani und dass wir diese Strecke auch mit dem Jeep noch heute schaffen koennten. Die Entscheidung war gefallen. Allerdings verlangte Hertz bei Einwegmiete eine Mietdauer von mindestens einer Woche. Wir erklaerten uns schnell einverstanden und konnten Gott sei Dank Pass, Internationalen Fuehreschein und Kreditkarte vorlegen, ohne eines dieser Dokumente man uns das Auto nicht ueberlassen haette. Der Jeep fuhr besser als ich dachte und an das Linksfahren und schalten mit der linken Hand gewoehnt man sich schnell. Wir hielten auf der Fahrt zurueck nach Khao Lak wenige Kilometer hinter dem Flughafen am Hotel Marriot an, da dieser Abschnitt anscheinend vom Tsunami nicht so stark betroffen war und wir uns auf ein Fruehstueck gegen 11 Uhr freuten. Tatsaechlich funktionierte das Hotel fast normal. Wir sahen zwar einige Zerstoerungen in Strandnaehe, aber das Hauptgebaeude war voellig unversehrt und vom Wasser verschont geblieben. Wir fruehstueckten ausgedehnt und besprachen die naechsten Schritte. Es war schon pervers, wir hier das Luxusleben weiter ging als waere nichts geschehen und wenige Kilometer weiter war Chaos und Tod. Wir fuhren also wieder rd. eine Stunde nach Norden um als erstes den Ort unserer Flucht aufzusuchen. Ich hatte noch eine winzige Hoffnung, dass noch Teile des Clubhauses stehen wuerden, in dem wir unseren Rucksack u.a. mit meiner Sonnenbrille mit optischen Glaesern, deponiert hatten. Ausserdem wollte ich sehen, ob es ueberhaupt eine Chance geben wuerde unsere Golfschlaeger jemals wieder zu bekommen. Als wir in die Zufahrtstrasse zum Militaer- bzw. Golfgelaende einbogen, fanden wir auch die Stelle an der wir den Fluten ueber die zweite Mauer entkommen waren. Das Wasser hatte nicht nur die Mauer umgeworfen, sondern hatte sich noch rd. 200 Meter landeinwaerts gearbeitet und auf seinem Weg alles zerstoert. Wenn wir diese zweite Mauer nicht haetten ueberklettern koennen, waeren wir Sekunden spaeter vom anrollenden Wasser und den mitgefuehrten Baeumen und Truemmern an dieser Mauer umgekommen. Als wir rd 150 Meter weiterfuhren, erreichten wir den Haupteingang zum Gelaende, der von Militaers bewacht wurde. Wir schilderten unsere Situation und sagten, dass wir nur schnell gucken wollten, ob unser Rucksack noch irgendwo waere und zeigten den Schluessel vom angemieteten Schrank. Man sagte uns nur, dass alles zerstoert und vom Clubhaus nichts mehr stuende und wir auf keinen Fall das Gelaende betreten duerften. Wir sahen von weitem, dass tatsaechlich von dem Golfgelaende nichts mehr zu erkennen war und ich vermutete, dass man dabei war, die Leichen auf dem Gelaende zu bergen und verstaendlicherweise dabei keine Zuschauer wollte. Wir fuhren weiter zu unserem urspruenglichen Hotel und benutzten den uns nunmehr bekannten steinigen Feldweg. Hier kam uns der Jeep sehr gelegen, da ein normaler PKW diesen Weg kaum ueberstanden haette. Als wir vor dem Hotel anhielten war die Situation noch beklemmender als am Vortag, da sich jetzt ueberhaupt niemand mehr auf dem Hotelgelaende aufzuhalten schien. Wir beeilten uns so schnell es ging unsere Koffer zu packen und als wir zurueck in die Hotellobby kamen, war dort eine Frau vom Hotelpersonal, die sehr verwundert war, dass sie uns hier antraf, denn der offizielle Weg zum Hotel war ja gesperrt und auf dem Gelaende zwischen Kuestenstrasse und Hotel hatte man mit der Bergung der Toten begonnen. Es war schon auf eine gewisse Weise komisch, dass wir noch ein Bier vom Anreisetag zahlen sollten, aber „life goes on". Die naechste Station war dann unsere Zuflucht vom Vortag, das „Nature Resort". Angela packte aus unserer Huette die Sachen zusammen und ich studierte unterdessen die Karte und fand auch einen Fahrplan fuer die Faehre nach Samui. Die letzte Faehre sollte um 18:00 Uhr gehen, so dass wir 4,5 Stunden Zeit hatten, was reichen sollte. Wir wollten bei der Verabschiedung zumindest fuer die Uebernachtung bezahlen, aber dies wurde von unserem „Engel" strikt abgelehnt. Die Hilfsbereitschaft dieser Familie war beeindruckend und fuer uns eine der wirklich ganz wichtigen und schoenen Erfahrung. Wir fuhren dann mit unserem Jeep Richtung Ostkueste und ueberquerten eine paradiesische Berglandschaft. Auf der Fahrt kamen uns immer wieder Lastwagen mit schwerem Bergungsgeraeten entgegen. Die Fahrt verlief reibungslos und wir kamen 40 Minuten vor der letzten Faehre im Hafen an, kauften Fahrkarten und rollten mit einem etwas mulmigen Gefuehl auf die Faehre nach Samui. Da nun auch wieder unser Mobiltelefon funktionierte, schaffte es Angela nach 7 oder 8 Telefonaten ein freies Zimmer in einem schoenen Hotel zu finden. Wir dachten, dass eine Bleibe am Strand die beste Therapie waere um unser traumatisches Erlebnis zu verarbeiten. Die rd. 75 minuetige Ueberfahrt nutzen wir fuer Telefonate mit unseren Familien und sahen zum ersten Mal im Fernsehen welche Zerstoerung dieses Seebebens in Suedasien angerichtet hatte. Wenn man die Bilder aus Indonesien und Sri Lanka sieht, ist Thailand sicher noch „besser" weggekommen. Wir kamen dann gegen 20:00 Uhr im Hotel an, waren aber doch froh, ein Zimmer moeglichst weit weg vom Strand und im 1. Stock zu bekommen. Nach einer ausgiebigen Dusche und einem Thaiessen im Garten des Hotels, schliefen wir dann sehr erschoepft ein. Am naechsten Morgen fuhren wir dann zum Bangkok Samui Hospital und wurden sehr aufmerksam und professionell behandelt. Meine Wunden wurden gesaeubert, desinfiziert und verbunden und nach ziemlich genau 48 Stunden nach meiner Verletztung bekam ich endlich zwei Spritzen gegen akute Blutvergiftung und Tetanus. Jetzt fiel auch die letzte Last von meinen Schultern und wir konnten beginnen unser Leben wieder normal zu gestalten; den 26. Dezember 2004 sehen wir als unsern zweiten Geburtstag. Ich bin sicher, dass sich nach diesen Erlebnissen die Einstellung zum Leben aendert und ich viele Probleme in der Zukunft mit anderen Augen sehen werde. In der Provinz Phang Nga, in der wir uns befanden und die am heftigsten betroffen ist, wurden bis zum 31.Dezember 3.950 Tote gefunden, von denen 2.210 auslaendische Touristen waren. Die vollstaendige Identifizierung wird noch Monate dauern. Weiterhin werden nur in dieser Provinz immer noch 958 Personen vermisst. Ueber 80 % der Haeuser der Einheimischen sowie der Hotelzimmer wurden durch die Flutwelle zerstoert. Nachtrag Ich hatte mir vorgenommen, unsere Erlebnisse fuer mich und so wie ich sie empfunden habe aufzuschreiben, um damit die Geschehnisse besser verarbeiten zu koennen und zu rekonstruiren, warum ich so gehandelt habe. Nachdem ich Angela den Text zum lesen gab, war sie es, die mich dazu draengte, auch den uns nahe stehenden Personen an dem was wir erlebt haben und an meinen Empfindungen teilhaben zu lassen. Angesichts der unbeschreiblichen Ausmasse dieser Naturkatastrophe, die so grosses Leid fuer Millionen Menschen gebracht hat, sind wir Gott und dem Schicksal dankbar, dass wir relativ unversehrt diese Katastrophe ueberstanden haben. Die koerperlichen Wunden werden schnell verheilen, die seelischen werden uns noch lange beschaeftigen. P.S.: Angela hat meine handschriftlichen
Aufzeichnung hier in der Hotelrezeption auf einer thailaendischen Tastatur
abgeschrieben. Entsprechend gibt es keine nur in der deutschen Sprache
gebraeuchlichen Buchstaben.
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